RPA-Software oder IPA-Software: Das ist der Unterschied

RPA-Software gehört heute in vielen Unternehmen zum Standard. Sie automatisiert regelbasierte Routineprozesse in Kundenservice und Backoffice, verarbeitet große Datenmengen und steigert die Effizienz. Doch immer öfter zeigt sich: Unternehmen finden keine geeignete Prozesse für die Automatisierung mit RPA mehr. IPA-Software erweitert die Automatisierungstechnologie um Künstliche Intelligenz (KI) und ist die Chance, auch künftig zahlreiche Prozesse zu automatisieren.

Was ist RPA-Software?

Robotic Process Automation (RPA) ist eine Automatisierungstechnologie, mithilfe derer Unternehmen einfache, repetitive und regelbasierte Routineaufgaben automatisieren. Dafür imitieren Software-Roboter – sogenannte Bots – die Art und Weise, wie Menschen mit Software und digitalen Systemen umgehen. Die Bots werden so programmiert, dass sie konkrete Aufgaben automatisiert ausführen. Handelt es sich um strukturierte Daten, verarbeitet RPA-Software große Datenmengen schnell, präzise und zuverlässig. Sie erkennt und überträgt relevante Daten, nimmt Mitarbeiter:innen viele Routineaufgaben ab und erspart ihnen lästige Medienbrüche.

Der große Vorteil von RPA-Software: Ohne bestehende Anwendungen anpassen zu müssen, automatisieren Unternehmen zahlreiche Prozesse und senken damit Kosten. RPA kommt ohne tiefe Integration in bestehende Systeme aus. Sie arbeitet auf den bestehenden Desktop-Oberflächen der jeweiligen Anwendungen. Aufwendige (und teure) Schnittstellen, sind nicht nötig und die Systeme lassen sich sehr schnell miteinander verbinden. 

RPA ist im Einsatz bei…

wiederkehrende Anwendungsfällen: RPA verarbeitet eine hohe Anzahl an gleichartigen, sich wiederholenden Vorgängen, beispielsweise die Inhalte eingehender (Web-)Formulare.

regelbasierten Prozessen: Für RPA-Software kann ein klares Regelwerk definiert werden, zum Beispiel wenn strukturierte Belege ins Bestandssystem überführt werden sollen.

strukturierten Datenfeldern: RPA-Bots kopieren einen klar lesbaren, strukturierten Datensatz von A nach B. 

Der Nachteil von RPA-Software: Sie scheitert an der großen Menge unstrukturierter Daten, mit denen Unternehmen tagtäglich zu tun haben. Ob E-Mails, Verträge, Bescheinigungen oder Schadenbeschreibungen: Viele relevante Daten erreichen Unternehmen in Fließtexten und nicht in strukturierten Formularen. Bei Versicherungen sind es bis zu 80 Prozent der relevanten Informationen. Hier beginnt der Anwendungsbereich von IPA-Software.

Was ist IPA-Software?

Die intelligente Prozessautomatisierung (englisch Intelligent Process Automation, IPA) kombiniert klassische, regelbasierte Automatisierungssoftware (RPA) mit Künstlicher Intelligenz (KI), Machine Learning (ML) und Natural Language Processing (NLP). RPA-Software wird somit um kognitive Komponenten ergänzt. Denn KI erkennt relevante Daten in unstrukturierten Dokumenten wie E-Mails, Briefen, Chats und WhatsApp-Nachrichten und strukturiert sie. Sie erschließt Zusammenhänge, liefert wichtige Vorgangsinformationen zu und steuert Routineprozesse. Je mehr Daten die Software erhält und je länger sie im Einsatz ist, desto mehr lernt sie hinzu über den Umgang mit Beschwerden, Liefernachfragen und Produkten.

So arbeitet KI

KI kategorisiert: Worum handelt es sich bei einem eingehenden Datensatz? Eine Beschwerde, eine Bestellung, ein Umstellungsantrag? KI identifiziert das „Problem“.

KI extrahiert: OB Kundendaten, Vorgangsdetails oder Produktinformationen – KI extrahiert relevante Inhaltsdaten.

KI validiert: Sind alle extrahierten Daten „valide“? Auch das prüft KI, ggf. greift an diesem Punkt dann ein Mitarbeiter ein.

IPA-Software in der Praxis

IPA-Software automatisiert deutlich mehr Geschäftsprozesse als RPA-Software. Dazu gehören: 

  • Kundenzentrierte Antragsstrecken in Banken und bei Finanzdienstleistern wie Förderanträge, Hypotheken, Darlehen, Bescheinigungen, Einkommensnachweise. IPA erfasst Fachdaten, validiert Angaben, überträgt Vorgänge automatisch in bestehende Systeme,
  • HR- und Backoffice-Prozesse wie Bescheinigungen, KV-Wechsel, AU-Meldungen, Beihilfe, Reisekosten – Personalakten werden automatisch digitalisiert und inhaltlich erschlossen,
  • Vorgänge rund um den Posteingang und wiederkehrende Aufgaben im Kundenservice. IPA erkennt hier bereits über 95 Prozent der eingehenden Vorgänge automatisch, verteilt sie und ergänzt relevante Daten.


Die Vorteile von IPA-Software: Während RPA-Software lediglich die regelbasierten Prozesse abdeckt, können mit IPA-Software deutlich mehr Prozesse automatisiert und Mitarbeiter:innen von vielen repetitiven manuellen Arbeitsschritten entlastet werden. Unternehmen steigern ihre Effizienz hinsichtlich der Erfassung und Erarbeitung von Dokumenten, E-Mails und Belegen. Sie nehmen zudem gesamte Prozesse in den Blick, da sich mithilfe von KI auch Kundenbedürfnisse sowie -Ärgernisse (Predictive und Prescriptive Analytics) und die Qualität interne Prozesse umfassend bewerten lässt. Mit IPA-Software erkennen Unternehmen schnell die Schwächen im Service und können die Qualität ihrer Geschäftsprozesse rechtzeitig optimieren.

Kosten senken, Kundennähe aufbauen

Viele Unternehmen haben das Potenzial von IPA-Software erkannt. Mehr als 80 Prozent der Führungskräfte bewerten KI als entscheidenden Faktor im Wettbewerb und schätzen den Impact intelligenter Prozessautomatisierung von kundenzentrierten Abläufen mittels IPA-Software hoch ein. Erste Banken und Finanzdienstleister erfassen Hypothekenkredite und Darlehensanträge teil oder vollautomatisiert (Dunkelverarbeitung) und senken die Bearbeitungsdauer dieser Prozesse um gut 40 Prozent. 

FAZIT: RPA-Software oder IPA-Software?

Die Wahl sollte immer abhängig von den zu automatisierenden Prozessen sein. RPA-Software bietet schnelle Kostensenkungen und kurzfristige Vorteile, wenn Unternehmen hauptsächlich mit regelbasierten Prozessen wie Transaktions- und Dokumentenverarbeitung zu tun haben. Da KI auch unstrukturierte Daten bearbeitet, in Echtzeit hinzulernt und Veränderungen im Prozess adaptiert, können mit IPA-Software deutlich mehr Prozesse automatisiert werden. IPA geht über die Automatisierung von Unternehmensprozessen hinaus. Sie hilft Entscheider:innen und Führungskräften, Kund:innen besser zu verstehen und die eigene Prozessqualität zu ermitteln. Auf dieser Basis treffen sie bessere Entscheidungen, minimieren Fehler und senken ihre Kosten. Das ist der große Vorteil von IPA-Software.

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